Besuch meines ersten Bodysex-Workshops

Im November 2017 spazierte ich bei eiskaltem Ostwind auf der Highline in New York und hatte Lampenfieber. Ich hatte schweißige Hände, einen beschleunigten Puls und mir war leicht übel. Es war der Tag vor dem Besuch meines allersten Bodysex-Workshops. Ich weiß noch, dass ich den Impuls hatte, nicht hinzugehen. Crazy, oder?

Ich hatte damals Gedanken wie: „Ich erlebe tolle Orgasmen. Ich nehme einer Frau den Platz weg die ihn braucht“, „Habe ich das überhaupt verdient?“, „Warum habe ich Angst?“…Zum Glück hatte ich aber auch Carlin Ross Worte im Kopf: „All you have to do is to show up for yourself!“ (Alles was Du tun musst, ist, für dich selbst einzustehen!). Mein nächster Gedanke war: ich bin wertvoll!

Am Ende des Spaziergangs hatte ich mich durch bewusstes Atmen und das Konzentrieren auf positive Gedanken soweit beruhigt, dass ich mich besser und zuversichtlicher fühlte. Immer noch aufgeregt, aber diesmal eher in freudiger Erwartung. Ganz nach Betty Dodson: „Do everyday something that you are scared of“ (Mache jeden Tag etwas, vor dem du Angst hast“).

Der 1. Tag des Bodysex Circles

Als ich von Carlin an Bettys Tür empfangen wurde, war ich einfach nur happy, dort zu sein. Nachdem Betty den Kreis mit einer Atemübung begonnen hatte, stellte sie uns die zwei Fragen, die sie immer stellt: „Wie fühlst du dich in deinem Körper und wie fühlst du dich mit deinem Orgasmus?“.

Kai Wu, eine „Somatica and Sexological Bodywork Practitioner“ sagte: „Mein Körper ist meine Landschaft und ich lebe gerne darin“. Dieser Satz haute mich um. Dahinter steckt eine tiefe Wahrheit. Durch Bodysex durfte ich lernen, wie wichtig es ist, mit meinem Körper in Kontakt zu bleiben.

Zuvor hatte ich jahrelang meinen eigenen Körper kritisch betrachtet und mich mit anderen Frauen verglichen. Nackt im Kreis mit Frauen jeden Alters und Körpertyps zu sitzen, nahm mir meine tief empfundene Körperscham. Ich konnte zum ersten mal einfach sagen, dass ich meine Oberschenkel als zu dick empfand und in dem Moment, in dem ich diese Worte aussprach, und in die Gesichter dieser Frauen blickte und diese mir wohlwollend bezeugten, dass ich schön bin so wie ich gerade bin, da brach etwas in mir auf und wurde leichter.

Scham löst sich in Luft auf, wenn wir darüber sprechen. Die Frage, die ich mir nach dieser Erfahrung stellte: „Wie kann ich allein oder mit einem Partner innige Lust erleben, wenn ich immer über meinen Körper urteile?“. Wir werden mit uns selbst geboren, wir verbringen unser ganzes Leben mit uns selbst, wir verlassen diese Welt mit uns selbst – wir könnten genauso gut unser:e beste:r Liebhaber:in sein. Dazu gehörte für mich auch, zu lernen, liebevoll mit mir umzugehen und zwar auch in meinen Gedanken.

Der 2. Tag des Bodysex Circles

Meine Gedanken nach dem Workshop waren:

  • „Selbstliebe als Lebensthema – damit fühle ich mich verbunden“
  • „Selbstliebe als Resource und nicht nur um ‚Druck abzulassen'“
  • „Selbstliebe, um die Verbundenheit mit dem eigenen Körper zu spüren“
  • „Selbstliebe als Verbindung zu meinem tiefsten Innern“
  • „Selbstliebe als Meditation“
  • „Meine Hände berühren meinen Körper, mein tiefstes Inneres“
  • „Meine Hände können erspüren, was meiner Ratio entgeht“
  • „Intensive Orgasmen bringen in mir intensive Gefühle hervor – laughgasm, agnergasm & crygasm – das ganze Spektrum“
Bettys Erbe

Ich bin so dankbar dafür, dass ich Betty Dodson kennen lernen durfte. Schon als ich 2011 ertmals die Webseite von Betty und Carlin Ross fand, fühlte ich mich angezogen von der Lebenslust, der Authentizität und dem Mut der Beiden, mit ihrer sexuellen Geschichte an die Öffentlichkeit zu treten, um Frauen auf der ganzen Welt daran teilhaben zu lassen. Um Stigmatisierung und Körperscham zu beenden, Frauen Zugang zu Wissen über ihren eigenen Körper zu geben und um die sexuelle Unterdrückung der Frauen zu beenden.

Betty hat Selbstliebe zu ihrem Lebensthema gemacht. Gleichzeitig war sie Künstlerin und Aktivistin für lustvolles Leben. Sie vertrat die Meinung, dass wir alle Anspruch auf Lebensfreude haben und wir unser Leben selbst gestalten können. Sie kämpfte dafür, dass jede Frau ihren Körper lustvoll erleben kann. Masturbation um Orgasmen zu erleben sah sie als unser Geburtsrecht an. Bettys Slogan war: „Bessere Orgasmen. Bessere Welt!“.

Bettys Einfluss auf mich

Damals las ich alle Blogs und Bücher, hörte die Podcasts und schaute mir ihre YouTube Videos an. In den unzähligen Videos kann man Bettys Ehrlichkeit, ihren Humor und ihre Weisheit immer noch genießen. Folgendes Video teile ich mit euch, weil es Bettys Essenz sehr gut einfängt.

Bevor ich Betty 2017 das erste mal persönlich traf, war ich sexpositiv, hatte erfolgreich Orgasmen mit mir selbst und mit anderen Menschen. Doch durch Bodysex konnte ich meine Beziehung zu mir selbst intensivieren. Durch Bodysex durfte ich lernen, noch mehr in mich hinein zu spüren.

Betty gab mir die Erlaubnis, herauszufinden, was sich wirklich gut anfühlt. Sie gab mir die Erlaubnis, mich tief in meinen Körper sinken zu lassen. Ihm zu vertrauen. Sie und Barbara Carellas schenkten mir die Verbindung zu meinem Atem und zu meinen Tönen – meinem Seelen-Sound.

Während meiner Ausbildung zum Bodysex-Coach durfte ich lernen, dass es ok ist, „nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen. Ebenso durfte ich lernen, aus vollem Herzen „ja“ zu sagen und meiner inneren Neugier zu folgen.

Betty, ich vermisse deinen Humor, deine manchmal brutale Ehrlichkeit und deine unendliche Geduld! Ich bin dankbar, dass ich in den letzten Jahren ganz vielen Frauen begegnen durfte, die teil deiner „Orgasmic Army“ sind. Gemeinsam werden wir deine Botschaft „Better Orgasms. Better World.“ weitergeben!

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